© Salatkirmes Germerode 2024
Rede der Kirmesbeerdigung am 18. Mai 1999 von Kirmespfarrer Rolf Nickel
Liebe Trauergemeinde, voller Erschütterung und Frustration haben wir uns mit letzter Kraft heute wieder an diesem geweihten Örtchen
zusammengefunden, um einer altehrwürdigen Dame aus Germerode das letzte Geleit zu erweisen. Fünf Tage hat sie es mit uns ausgehalten,
aber nachdem sie uns notgeilen und sabbernden Alkoholvernichtungsmaschinen im Festzelt mit ansehen mußte, zog sie es doch lieber vor
aus diesem grausamen Dasein zu entfliehen und wieder für ein komplettes Jahr in ihre Kiste zu springen.
Mit Bestürzung müssen wir nun feststellen, das nun wieder alles vorbei sein soll. Manche haben Dinge vollbracht, die so abscheulich und
abartig waren, aber laßt mich nun einen Rückblick halten damit auch unsere Saufkumpanen aus dem Ausland von diesem Frevel teilhaben
können.
Soddom und Gomorrha regierte nun fünf Tage lang, unsere Kirmesburschen riefen schon am Donnerstag unsere Freunde aus dem Ausland
in unseren hochzivilisierten Ort. Das Discoteam Merlin legte wilde Scheiben auf, unsere sabbernden Kirmesmänner und notgeilen
Kirmesfrauen versuchten sich immer wieder im Tanzen, jedenfalls soweit man das so nennen konnte. Irgendwann gegen Mitternacht war
das Zelt dann zum Bersten voll und dann kam das allerhärteste: die Borschel-Brüder zelebrierten ein "Sexy-Maifest" und einige Germeröder
ließen sich völlig gehen, selbst auf der Bühne gerieten sie außer Rand und Band, machten sich voller Geilheit nackig. Und ob das noch nicht
reichen würde, übten einige Kirmesfrauen wilde Orgasmusschreie, so daß selbst die Eltern vor Neid erblaßten und voller Ohnmacht über
ihren Zögling aus dem Festzelt stürzten. Irgendwann wurde diesem ganzen Treiben ein Ende gesetzt, die abgekämpfte Meute bewegte sich
bis in die frühen Morgenstunden durch die große Saufhalle, bis sie völlig orientierungslos aus dem Zelt schwankten.
Freitag morgen hatte die Kirmesgemeinde mit sporadischem Schädelweh und unkontrollierbarer Flitzkacke zu kämpfen. Ein glorreiches
Freibiergesicht wagte es ins Ausland nach Eschwege zu fahren, dafür wurde er hart bestraft, denn er wurde im Krankenhaus ohnmächtelig!!!
Am Freitagabend kämpfte sich die Kirmesmeute zur härtesten Prüfung des Jahres: dem obligatorischen 48-Stunden-Dauerbesäufnis. Die
Kartoffelpuffer wurden wieder Lastwagenweise herangekarrt, um den Magen einigermaßen zu verdichten. Meistens gelang dies zwar noch,
aber der jetzt einsetzende Analhusten war doch schon nicht mehr zu unterdrücken. Um nicht völlig dem Alkohol zu verfallen, hatten die
Kirmesburschen wieder einmal den Abend mit einem exotischen Programm vollgestopft. Zuerst wurden von dem Spielmannszug aus
Eschwege die vollkommen verschmalzten Ohren freigeblasen, nachdem dieses Martyrium irgendwann ein Ende gefunden hatte folgte
sogleich das nächste: Unsere Hüppegruppe "Die wilden Nonnen" befriedigten wieder die schon mittlerweile äußerst notgeilen und
vollgesabberten Kirmesmänner mit ihren völlig zügellosen Bewegungen, wie jedes Jahr mußte auch wieder das Kirmesteam mit unseren
zwei Kirmesburschen Nils und Stefan zeigen, daß sie sich trotz zunehmender Geilheit noch bewegen konnten. Selbst lautstarker Protest der
"Ewigen Kirmesjungfrauen" setzte diesem Treiben kein Ende. Aber das Nonnengeschwader hatte ein Einsehen, wollten sie doch noch diesen
Abend überleben. Zu späterer Stunde traten die aus dem Ausland eingeflogenen Hänselsänger auf, und zeigten unseren Kirmesmännern,
wie man erfolgreich das letzte Hemd versäuft. Die mittlerweile aufgedunsene Menschenmasse schwankte nun zwischen Pommesbude,
Theke und Tanzfläche hin und her. Die Kirmeselite verlor sich in den frühen Morgenstunden und begann sich für den nächsten Morgen zu
regenerieren.
Samstag morgen, nachdem sich die Masse der Alkoholvernichtungsmaschinen wieder gefangen hatte, begann das obligatorische Maibäume
schlagen. Da die Kirmesburschen bei meinem Amtsbruder Petrus vergessen hatten, gutes Wetter zu bestellen, wurden pünktlich um 06.20
Uhr die Schleusen geöffnet. Exakt um 6.72 Uhr verließ die zu Recht gefürchteten Sensenmänner die Zivilisation um in der Wildnis
einzukehren. Völlig enthemmt, wurde wieder der Meißner abgerodet, die wenigen Leute, die noch voller Elan waren, hieften unzählige
Maibäume auf die Wagen mit einer Geschwindigkeit, die wirklich olympiareif war. Pünktlich um 09.30 Uhr war so dieses Werk vollbracht,
sämtliche Abseiler, die auf besseres Wetter gewartet hatten, rafften sich aus ihren Ablageplätzen (Autos, Wildfütterungshütten etc.) auf um
sich auf das reichhaltige Frühstück zu freuen. Aber da waren sie an diesem Morgen und diesen Kirmesburschen wohl völlig an den falschen
Ort geraten. Die meinten nämlich das 20 Brötchen für 30 Kirmesmänner wohl reichen müßten. Nach lautstarken Protesten rollte die
hungrige, durstige und extrem zornige Meute um 10.15 Uhr wieder in die Zivilisation nach Germerode ein. Jetzt wurde die Meute nochmals
auf dem Festplatz zufriedengestellt. Um 13.00 Uhr nahm das Unheil wieder seinen Lauf, den die Herren Bäumeausteiler hieften die ganzen
Aparillos wieder den Wagen hinunter. Ein wohlbekannter Hühne aus dem Ausland ging das ganze mal wieder nicht schnell genug, stürzte
sich den Wagen hinunter, rieß sich die Hose in Fetzen und klagte an der Klosterkirche jedem sein Leid. Die Tour durchs Dorf ging diesmal,
von menschlichen Ausnahmeschwächen abgesehen, relativ ohne größere Zwischenfälle von statten. Der Tag zog sich hin, die Mägen zogen
sich zusammen, und die Flitzkacke raffte den ein oder anderen dahin.
Und dann kam der Abend, sowas hatte Germerode noch nicht gesehen. Menschenmassen strömten aus der Wildnis ins das heilige Festzelt
ein. Die Sloopys brachten die Massen in Wallung, das Zelt brach fast auseinander, scheinbar hatte der Festwirt die Stromrechnung schon
wieder mal nicht rechtzeitig bezahlt, nach zweimaliger Androhung der totalen Stromabschaltung schien das Problem behoben zu sein.
Nachdem die Kirchenglocken nun Mitternacht schlugen, kam nun erst das richtige Kirmesfeeling mit Woodstock-ähnlichen Verhältnissen.
Kirmesbänke und Kirmestische wurden geentert und von einigen Unholden sogleich niedergedroschen, den Borschel-Brüdern vom
Discoteam Merlin wurden ihre Bärte abgesäbelt, noch einige Auswüchse geschahen, aber es wären zuviele um diese alle zu nennen. Auf
Antrag der Kirmesburschen werden wohl nächstes Jahr rund um das Festzelt Sofas und Liegeplätze angelegt werden müssen, damit die
ganze notgeile Rasselbande nicht im Gras ihren sexuellen Gelüsten nachkommen müssen, denn ein dutzend Kondome wurden von den
Kirmesburschen rund ums Zelt geortet. Etliche zwielichtige Personen schienen sich aber auch in anderer Hinsicht nicht mehr im Griff zu
haben, ein armes Fahrrad eines Kirmesjünglings wurde solange malträtiert, bis es mit einem Fahrrad nichts mehr gemeinsam hatte. Auch
werden die Kirmesburschen im nächsten Jahr einen Park-And-Ride-Service einführen müssen, den das Chaos regierte auf den Straßen, da
gab's kein Durchkommen mehr. Im Festzelt regierte die ganze Nacht das blanke Chaos. In der Sektbar holten sich die letzten
Alkoholvernichtungsmaschinen ihren finalen Rettungsabschuß, und irgendwann gegen 07.00 Uhr hatte dieser gewaltige Exzeß sein Ende
gefunden...
Am Sonntag begab sich die total vergammelte und versoffene Kirmesgemeinde wieder einmal zum qualvollen Leidensweg durch das Dorf,
nachdem man die Alkoholverdustungsstunde in der Kirche ausgiebig ausgenutzt hatte. Einige vom harten Kern zeigten aber Schwäche und
ließen diesen rituellen Akt völlig aus, ein Skandal !!! Aus mir unbekannten Gründen gelang es den Burschen mal wieder nicht, die Polizei zu
bestellen, ob es wieder zu unsittlichem Verhalten gekommen ist, ist mir leider nicht bekannt. Auf dem Anger wurden die verdorbenen
Körper ziel- und planlos durch die Gegend geschoben. Wieder wurde dann im Festzelt hemmungslos gesoffen, einem gefiel es wieder so gut,
das dieser komplett den ganzen Tag durchsoff und dann an der Theke herumschwankte. Das Discoteam Merlin wagte sich erneut nach
Germerode, ihre Barthaare hatten sie ja an dem ominösen Vortag im Zelt lassen müssen. Nachdem sich wieder sämtliche Raver, Skater und
anderes unmögliches Gesocks im Zelt eingefunden hatte, wurde zum letzten Mal hemmungslos die Sau rausgelassen. Der Abend zog sich
hin, und die Heizung ging aus. Nur so ist zu erklären, das einige herumtappten und im Zelt nach Pinguinen suchten. Jedenfalls war die
abekämpfte Meute direkt nach den letzten Klängen des Discoteams aus dem Zelt verschwunden, und begab sich nun zum Eierklauen. Dank
einer erklärten Tierschützerin aus Germerode wurden die Eier von ihr zur Verfügung gestellt, wohl auch aus Respekt vor dem vor sieben
Jahren am Herzinfarkt verendete Huhn. Bergeweise verdrückte die Meute nun das Rühreiergedöns, manch amtlich eingetragener
Kampftrinker mußte auf dem Sofa dem Schlaf Tribut zollen. Auch ein Kirmesbursche soll dabei gewesen sein, dieser wurde mit bunten
Kartenhäuschen auf seinem Kopf geschmückt, die dann auch eine halbe Stunde auf seinem Kopf standen ohne umzufallen. Diese ganze
Aktion hatte dann um 04.30 Uhr sein Ende.
Sämtliche Frühschoppengesichter fanden sich heute morgen wieder im Festzelt ein, um die Leber wieder reichlich Arbeit zu verschaffen.
Haxen und Hähnchen wurden heruntergewürgt, das Schoppensilo wieder aufgetankt. So zog sich das ganze hin bis heute abend.
Das waren die Highlights während der Kirmes 1999.
Bevor wir die Kiste nun ins Loch befördern, will ich euch noch Kraft meines Amtes das Kirmesbekenntnis zusprechen:
Wir glauben an die Kirmes, das Kartoffelpufferessen, das Maibäume holen und das Saufen, und an die hinterhältige Pommesbude, der
Wurzel bösester Magenabgase, empfangen durch den Dauersuff, geboren unter Kopfschmerzen, gelitten unter abgestandenem Bier,
gestorben an Leberzirrhose und begraben in einem Schlammloch. Am fünften Tage durch das Freibier der Triebtrinker erlöst. Er säuft an der
Theke, von dort wird er kommen, um das Zelt und die Straße vollzukotzen. Wir glauben an den fürchterlichen Sex, die Gemeinschaft der am
Leben gebliebenen Hühner, Vergebung der abgestorbenen Gehirnzellen, Auferstehung aus dem Koma und die ewige Kirmes!
Die Kollekte ist heute für das Hilfswerk der "Hungrige Maibäumeholer e.V." bestimmt. Um den herben Verlust des Fahrrades am Sonntag
morgen auszugleichen, fließen 10 % der Kollekte an Florian Z.
Und laßt uns die Kiste endlich ins Loch werfen, denn meine Leber schreit nach Bier und meine Magengeschwüre stehen vor dem Platzen!