© Salatkirmes Germerode 2024
Rede der Kirmesbeerdigung am 18. Mai 2015 von Kirmespfarrer Florian
Zindel
Im Namen des heiligen Bierbraumeisters begrüße ich die versoffene, besoffene, stinkende und notgeile Trauermeute. Allerdings ein
besonderes Willkommen meiner Amtsschwester Dorlies S. sowie den anderen hier anwesenden Kirmespfarrern.
Nach nun fast 5 Tagen des völligen unsinnigen Alkohol-in-den-Körper-schüttens haben wir uns auf den Weg durchs Dorf gemacht, um hier
im Unterdorf der Germeröder Salatkirmes des Jahres 2015 die letzte Ehre zu erweisen und in das jedes Jahr kleiner werdendes Grab hinab
zu lassen. Um haaresbreite hätte ich heut Abend nicht hier gestanden, denn die zwei ausgewachsenen Kirmesburschen hatten ein wenig
Angst, mich zu fragen, ob ich noch mal für das Amt des Kirmespfarrers zur Verfügung stehe – aber letztendlich hatten sich die Beiden dann
doch getraut.
Wie seit gefühlten hundert Jahre begannen die fünf Tage des Leidens mit dem Disco-Abend in der heiligen Planenhalle auf dem Festplatz.
Man merkte aber schon am Anfang der Woche, dass unsere diesjährigen Burschen Marcel K. und Philipp I. sehr aufgeregt waren, denn am
liebsten hätten sie die eingesammelten Werbeplakate schon am Montag an das Aluminiumgerippe des Zeltes getackert. Das hat allerdings
nicht geklappt, aber als ich am Mittwochabend meinen Kontrollgang am Zelt vorbei machte, hörte ich dort das Klappern der Aluleitern, und
siehe da, schon am Mittwoch hingen fast alle Banner im Zelt.
Also konnte dann am Donnerstag das feierwütige Jungvolk pünktlich um neun Uhr am Abend das fertig präparierte Festzelt stürmen. Und da
kam dann schon die nächste Überraschung, denn die glücklichen Dauerkartenbesitzer sind seit dem Discoabend eindeutig identifizierbar,
denn es wurden ihnen durch das freundliche Empfangskomitee an der Kasse ein rotes Band an das Handgelenk angelegt, ganz im Stil des
Zeckenfeste unten im Werratal.
Der Abend verlief ohne besondere Vorkommnisse aber leider auch keine großen Highlights. Eins muss ich noch anmerken, der Trend, dass
die jungen Mädchen nur noch breite Gürtel als Rock tragen scheint langsam wieder rückläufig zu sein. Auch wurde der in Germerode recht
gern gehörte Hit „6.15“ von Gigi d´Agostino erst um drei Uhr in der Früh gespielt, als viele der Germeröder die Festhalle schon auf allen
Vieren verlassen hatte.
Als sich dann so langsam die Sonne im Osten hinter dem Horizont heraus traute vertrieb sie dann auch die letzten Vollsaufgeräte in ihre
Matratzenlager und Bo konnte seine Koppwegdröhngeräte abbauen.
Der Freitagmorgen war nun für die Burschen der letzte Tag, an dem sie noch einigermaßen die Möglichkeit hatten auszuschlafen.
Weiter ging es dann am Abend mit dem traditionellen Reinschlingen der in Fett getränkten Erdapfelfladen einschließlich Abbelmus. Hierbei
stellte sich vielen Konsumenten aber die Frage, ob Carsten „Würstchenbrater“ H. eventuell am Bierumsatz beteiligt ist, denn nach dem
letzten Happen Puffer musste man erstmal eine Hopfenkaltschale, oder vielleicht auch zwei oder drei, in sich kippen, um den Pfeffer von der
Zunge zu spülen.
Dann mussten wir uns die Eröffnungsrede anhören, es war den Redner anzumerken, dass sie nervös waren, aber das hatte man bereits
vorher schon gesehen, denn Bursche Marcel K. hatte soviel Schweiß auf der Stirn, als hätte er gerade die Kassler Kuppe mit dem Drahtesel
bezwungen. Und Knöpfe brauchen die beiden am Anzug auch nicht, denn das Jacket trugen sie immer offen.
Anschließend heizten die Graupanther der Band „Gelstertaler“ dem Zelt ein und ich glaube das war seit langen das erste Jahr, in dem kein
älterer feiernder Mitbürger an mich oder die Burschen herantrat um entweder zu bemängeln, dass die Kapelle zuviel Hottentottenmusik
aus´m Ussland spielt oder das Hörgerät nicht mit der Lautstärke der Instrumente klar kommt.
In den frühen Morgenstunden war auch diese Schlacht geschlagen und es gab dann noch die Chance, zwei Stunden zu schlafen ehe die
Aggregate mit den Hänger dran gestartet wurden, um die Meute der Maibaumpflücker hinaus ins frische Grün zu karren. Hierbei erlitt der
ein oder andere, der die letzten Tagen nur den Gestank der total zugesoffenen und mit Nikotin geräucherten Alkoholvernichter kannte,
einen reglerechten Sauerstoffschock.
Gleich zu Beginn der diesjährigen Maibaumpflücksaison hatte das Maibaumladegeschwader schon fast die Befürchtung, sie müssten eine
der Hängerzugmaschinen bis zum Sommer im Wald stehen lassen, bis der Boden so abgetrocknet ist um sie aus seiner schwierigen, fast
festgefahrenen Lage zu befreien. Aber da auf der Maschine nun mal Fahr geschrieben stand und nicht Steh hat der erfahrene Fahrer Rene
„Captain Morgan“ F. sie wieder auf den rechten Weg zurückbekommen.
Nun gut, dann kam die Stunde der Timberquecke-Nachfolger, denn es war an der Zeit, das Maiengrün umzumähen. Es lief leider für den
Birkenernter Thomas „Vier Ringe“ S. nicht so gut - 7.28 Uhr, die Sägen werden angeroppt und erster Schnitt am Strauch, 7.29 Uhr Kette vom
Birkenmopped abgesprungen. Lag es vielleicht an mangelnder Vorbereitung des Geräts?
Nach diesem kleinen Zwischenfall war die Meute aber nicht mehr aufzuhalten und unter Aufsicht des Kirmeswaisen Nils „GTI“ Z. flogen die
Büsche geradezu auf die Transportfahrzeuge.
Frühstückszeit. Die vom schweren Kampf mit Maibäumen gezeichneten Visagen wurden von den Damen und Mädchen des
Versorgungstrupps mit dem wichtigsten nach dem Bier versorgt, mit Gehacktesbrötchen. Während die Schweinemarmelade mit Brötchen
verschlungen wurde, hat Kirmesmutter Christiane H. den Pflücker und Berufsflirter Matthew gefragt, wie alt er denn sei - Antwort: „Für dich
bin ich so alt, wie du möchtest…“
Die Burschen verließen nun den Schauplatz, um die Trompetenquäler aufzusammeln und die Ständchenrunde durchs Dorf zu starten. Tja,
aber leider haben die nicht alle auf den Steyr-Schlepper drauf gepasst, und die geplante Mohnschnecke wurde leider von Bürger Rudi N.
unter Verschluss gehalten. Aber auf unseren Kneipenwirt ist verlass und so wurde kurzerhand eine andere Mohnschnecke angehangen und
es konnte endlich losgehen, wenn auch mit fragwürdig funktionierender Kupplung der Fahrzeugs.
Spass auf dieser Tour hatte vor allem die Kapelle und davon so viel, dass einige Mitglieder zwischendurch Augenpflege auf der Trommel
betrieben haben.
Nachdem die Maibaumfahrzeuge vorschriftsmäßig mit der Munition geladen waren, ging es für die Pflückerbrigade zurück ins Dorf. Mit
kurzem Zwischenstopp beim Exfestwirt und einigen Schnapstankstellen ging es recht zügig voran. Trotz meiner Abwesenheit freue ich mich
sehr über das Maibäumchen, dass die Laterne vor meiner Tür fast zum bersten bringt, gefreut. Leider musste ich noch am gleichen Abend
feststellen, dass so mancher Haushalt nicht so viel Glück hatte. Die Bewohner suchten nach der Verteilung verzweifelt ihren Maibusch, den
sie dann auch fanden. Es war oft nur ein Zahnstocher mit drei Blättern dran. Das was dort fehlte hab ich vor der Tür stehen…
Weiter ging es dann am Abend mit dem Auftritt der Kapelle Smash. Wir hatten Glück, dass wir noch was von den Burschen gesehen haben
an diesem Abend. Denn sie waren anscheinend so gern mit der Blasmusik im Ort unterwegs, dass sie es gerade so geschafft haben,
pünktlich zu Beginn der Veranstaltung im Zelt aufzutauchen.
Bis auf ein paar Störenfriede, die unter anderem vom selbsternannten Security Chef Tobi Z. des Platzes verwiesen wurden und einem PKW
Einschlag in den Leitplanken oberhalb des Festplatzes feierte die Meute bis dass die Kotze sauer schmeckt.
Jetzt zum Sonntag, an dem das Drama seinen Lauf nahm. Es ging schon so los, dass, als ich den Parkplatz vorm Zelt betrat nur das
amtierende Kirmesteam und die Burschen vom Jahr 2014 sah. Wo bitte war die Kirmesjugend, und Moment mal, seit wann hat der
Fahnenträger nur eine Begleiterin? So kam es, wie es kommen musste, das Gruppenbild konnten wir uns sparen und der Umzug vom
Festplatz zur Kirche musste mangels Masse ausfallen.
Außerdem hätten wir ohne Musik marschieren müssen, denn die Kapelle hatte Amtschwester Dorlies S. schon in der Kirche in Beschlag.
Naja, Einzug in die Kirche, aber wohin mit der Fahne? Es fehlte einfach an passendem Befestigungsmaterial, um die Fahne am Geländer zu
befestigen. Daran hatten die beiden vom Bestatter Kirmesteam 2015 mit ihren schwarzen Anzügen und weißen Hemden nicht gedacht. Aber
nach dem Gottesdienst wurde wenigstens noch eine zweite Fahnenbegleiterin gefunden.
Dann ging es mit dem kleinen Festumzug auf die Route. Während des Umzuges gab es keine Verletzten und dank der
Ersatzfahnenbegleiterin hatten wir auch keinen neuen Sieger im Wettbewerb des schlechtesten Kirmestänzers seit 200 Jahren.
Vier Tänze später und ohne nass zu werden erreichten alle wenigen Zugmitglieder wieder die Heiligen Hallen, wo schon der Festwirt mit
isotonischen Getränken und die Germeröder Landfrauen mit leckerem Kaffee und Kuchen warteten. Es war ein schöner Nachmittag, aber
anscheinend war es nicht so einfach, dass das gesamte Kirmesteam im Zelt tanzte. Wo war Laureen aus Weidenhausen?
Der Montagmorgen begann so, wie der Sonntagnachmittag endete – mit sinnlosem Alkohol in sich reinschütten und Fleisch in den
ausgemergelten Wanst drücken. Zu zünftiger Musik der Werrataler Blasmusik hat das auch super gepasst, wenn auch manchmal der
Flummi-Tubaspieler wieder eingefangen werden musste. Der Tag plätscherte mit völligen sinnfreien Gesprächen und dem einen oder
anderen Liter Hopfenkaltschale so vor sich hin. Zu erwähnen wär allerdings noch die sehr schön zelebrierte Amboss-Polka zu der die
Dieselfüchse mal wieder einen Klumpen Eisen auf die Tanzfläche gezerrt hatten. Und was auch noch schön ist, an diesem Nachmittag
wurden schon die Festausrichter für´s nächste Jahr auserwählt, dazu später von Amtsbruder Olaf „Hosenträger“ S. mehr.
Leider hat es auch diesen Sonntag niemand geschafft, dem diesjährigen Läufer den Stab zu entreißen, denn dieser ist in dieser Hinsicht
schon erfahren.
Nun sind wir hier im Unnerdorf, um die Kirmes in Ihrem wenn auch sehr klein geratenem Loch zu verbuddeln.
Ich bitte euch nun, euch nicht zu erheben, sondern einfach stehen zu bleiben, um so zu beten, wie es auch der Braumeister nach zu viel
Geschmacksproben in der Brauerei getan hat:
Brauereibesitzer, der du bist in der Chefetage, geheiligt werde dein Geld, um dieses herrliche Gesöff zu köcheln, der Alkoholgehalt im Bier
steige, wie im Werratal so hier in Germerode, unser täglich rote Wurst gib uns heute, und vergib uns die dummen Geschwätze, die wir die
letzten Tage gemacht haben, so vergeben wir denen, die uns dumm angemacht haben.
Und führe uns nicht in Versuchung ein Oettinger zu trinken. Denn dein ist die Brauerei und der Rausch und er Vollsuff in Ewigkeit. Amen.